Gedichte
Gedichte

Für Kerstin

Richard Norbert Gommern (2006)

eisbrecher kerstin (oder versteigerte sehnsucht)

 

durch glattes wasser und stürmische see

aus den fernen beäugt und doch allein

plügt das junge schiff die südlichen meere

 

in voller fahrt und überzeugender kraft

bricht es ein in die pharlance des eises

zermalmt scholle für scholle meines panzers

                           -_-_-_-

höchst konzentriert steuert der kaptain die ruder

hat schon längst das ziel anvisiert

und lenkt den brecher dem erstrebten entgegen

 

unterdessen bleiben die leichtmatrosen unter deck

sind voll des lobes über das genie des kaptains

nur vermissen sie in den kajüten sein wärmendes wort

 

das pack - eis jedoch ist geborsten: hurra

jede platte geschmolzen durch die taten der „kerstin“

die antarktika liegt blank und neu! ohne schutz

 

Für Birgit
               Editha Schlucht (2006)
                     Wollen & Tun

Sie:

Eine Enttäuschung zerschnitt unser Band
Du flickst es niemals wieder“
Ich begrub mein Vertrauen in dich schon lang
Im Herbst lag es tot darnieder

So bleibe ich still und denk nicht an dich
Du liegst für mich selbst in der Grube
„Ein gläserner Kerl sonst weiter nichts
Ein kleiner geächteter Bube

Wenn du mit mir sprichst so hör ich dich nicht
Hab nur noch ein Rauschen im Ohr
„Du bleibst ein dümmlicher Bösewicht“
Verschlossen bleibt dir jedes Tor

Er:

Auch wenn ich gestände dass ich dich brauch
„Es ist kein Zurück für mich drin“
Das Hirn erschlug mein Kribbeln im Bauch
Mein Herz stirbt leis vor sich hin

Eine Enttäuschung zerschnitt unser Band
Ich krieg es niemals je geflickt
So warte ich auf dich schon viel zu lang
„Hätt´ ich dich nur nicht fortgeschickt“ 


Richard Norbert Gommern (2006)      

Der Knosp

Hier steh´ ich nun am Pfirsichbaum
Erträume meinen Frühlingstraum
Da! blitzt am all winzigsten Ast
Ein Knosp fahlgrün - erblasst

So ich die Sache recht beseh´
Liegt rings umher ein frischer Schnee
Und trüb noch ist der Sonne Licht
Doch Frühling aus dem Knosp her bricht

 

(Miesdroy)   meiner besten Heike-Freundin
Richard Norbert Gommern (2006)
april am meer

kaiserbadglanz schmiegt sich an die dünen
die kleine stadt wohnt glücklich im hang
ein brückensteg lugt als nadel in´s wasser
steinpromenaden gleiten am ufer entlang

der wind spielt mit wolken und muscheln und see
schaumkronen brechen sich tobend am strand
hell gelb schmückt sand die klebrigen ufer
steil stummer fels bewacht rauschendes land

die sonne fühlt heute zum ersten mal sommer
sie taucht die kulisse in frühlingscolorit
aus gefetzten wolken entrinnt mancher regen
der seewind bringt liebliche salzluft mit
                         x
in körnigem sand aale ich meinen körper
mit frohem lachen teilst du dieses spiel
unsere füße graben sich tief in den boden
die feuchte des wassers ist heute noch kühl

was brauche ich wohlstand, nachricht und bildung
was nützt mir blendung, heuchel und schein
mich hat heut´ gefunden der ort aller orte
ich geh´ nicht zurück, nur am meer will ich sein

die see liest mir vor in ihrer sprache
in meinem kopf dröhnen uralte mär
versunkene helden erklimmen die wellen -
den müden augen vertrau´ ich nicht mehr
                          xx
in der wärme aus sinnen erfasst mich ein rufen
ein bitten der kinder trennt mich und das licht
ach, mein gewissen spricht aufbruchgedanken
du weißt es doch besser: tu deine pflicht

ein letztes mal streichle ich blaugrüne wellen
ich grüße zum abschied sand, stadt und meer
ein großes verlangen nistet in meiner seele
meer, weites wasser, ich komm´  wieder her

(Elk)   für Lothar
Richard Norbert Gommern (2006)
Anglers Glücke

Weit draußen in der Jolle
Da sitzt der bärt´ge Olle:

Er wirft die Pose in den See
Und wartet, wartet, ach herrje
Dann hängt ´n Fisch am Haken dran
Nach Stunden, abends, irgendwann
Der Alte macht Grimassen
Zieht ´s Fischel aus dem Nassen

Dies zappelt hin und her
Und setzt sich kühn zur Wehr
Mit seinen Glupsche-Augen,
Die für die Luft nix taugen
Schaut es den Ollen an
Der ´s gar nicht fassen kann

‚Nach Stunden endlich: oh welch Glück
Zerr ich ´nen Fisch zu mir zurück
Und was springt mir entgegen?
Bist noch keen Fisch! Von wegen!’
Er schmeißt zurück den lütten Zwerg
Setzt fort sein hehret Angelwerk

Sitzt nachts noch in der Jolle
Der graubärtige Olle...  

                                                                            (2006)
                                                                Richard Norbert Gommern

                                                        Elcka -  Versuch eines Reimes
                                                    .......
                                          die fahrt beginnt
                                 staun wie ein kind
                         will sehen mehr
                  bin glücklich sehr
            in reih´ und glied
       so weit man sieht
   steht mais im feld –
 die kolben gelb
auf weiden wächst
 milch wie verhext
   es blökt die kuh
      mir heiser zu
          ein jungstorch grüßt
               die heide sprießt
                     fluss bach und moor
                            plätschern in chor
                                    der wagen rollt
                                             durch tag voll gold
                                                       mein zug hält an:
                                                                 „bis irgendwann...“         

(Elk)

Richard Norbert Gommern (2006)
Masurischer Morgen

Wohin das Aug die Blicke tut
So sanft auch das Gemüte ruht
Schon lau die Morgenwinde wehn:

 

Dies´ Sommer hier?  -  ist schön

Die Seen spiegeln ein lieblich Bild
Aus dunklem Walde äugt das Wild
Noch Stern´ blass droben stehn:

 

Dies´ Sommer hier?  - ist schön

Die Storchenalten Futter geben
Die Stund´, der Tag! sind voller Leben
´ gar Wunder sind geschehn ?!

 

Dies´ Sommer hier ist schön 

 

Für Frau Dr. Hebamme
Richard Norbert Gommern (2006)
gedanken

ich schlaf mit dir ein – in guten gedanken
ich erblick deine augen, die schönen, blanken

          ich zeichne dein lächeln mit dem finger nach
          ich liege des nachtens im schlafe wach

                    ich lieb deine rillen über dem mund
                    ich mag auch die worte, die er tut kund

 

ich bin stolz auf das grau in dreien deiner haare
ich möchte bei dir sein alle künftigen jahre

          ich will erleben dein erweißen am schopf
          ich möcht dereinst zählen deine falten am kopf

 

ich schlafe versunken in deinem bild ein
ich glaube daran, kein träumer zu sein


 

(Templin)
Editha Schlucht (2006)
am fähr

unter bäumen in lenz sitzen drei damen
sie haben´s bequem in stühlen aus plast
seit stunden schon schau´n sie in die sonne
das hotel nebenan gleicht einem palast
 
zu ihrem vergnügen jagt ein junges hündchen
nach dem kleinen ball und hat frohen mut
der fährsee dahinter schläft ruhig wie ein kindchen
der fleck ist idyllisch, und mir geht es gut
 
ich schieße ein foto von meinem leben
ist das nicht ein wahrhaft beseelter moment?
ich hab´ meine mitte! hier ist kein beben!
ja, echtes glück kostet mich keinen cent

(Neubrandenburg)
Richard Norbert Gommern (2006)
kokon

vorm spinnennetz  im spielplatzgrund
sind kinder eltern leute
ich bin die spinne langbein - und
freund fritzi meine beute

 

Editha Schlucht (2006)
schaukeln

schubs und schubs vor zurück
so geht der schaukeltakt
kindchen mein flieg weit und hoch
jauchze mit mir vor glück

 

Dem zweiten Vater
Richard Norbert Gommern (2006)
Kreis

ein letzter atem ist verweht
still liegen deine glieder
als unbekanntes wesen geht
die seele rasch hinüber

dort über jene brücke
die aus dem nebel bricht
- dein tod reißt eine lücke -
die seel´ geht in ein licht?

in deinem körper wohnte
der guten menschen geist
mit leben er dich lohnte
bis hin zum weisen greis

ein atem ist verflogen
dein blick ist nur noch schein
die seel´ ist fortgezogen
zog in ein kindlein ein         
 

Editha Schlucht (2006)

Reiche die Hand

Du lebst tief im Vortag
Das Heute ist weit
Und Morgen ist ferner denn je

Ich wünsch´, dass du mit mir
Über Mauern steigst -
Und sagst deinem Gestern "Ade"

 

So lebe im Jetzt

Ach schätzte dein Glück

Fühl doch im Herz deine Glut

 

Ich fass deine Hand

Reichst du sie mir

Dann ist jederzeit alles gut

Richard Norbert Gommern (2006)
Leben

Das Leben meistern
Heißt das Richtige tun
Nicht nur das Angenehme

Das Leben meistern
Heißt Fragen zu stellen
Auch an sich selbst unbequeme

Das Leben meistern
Heißt egoistisch zu sein
Für Labsal und gute Zeiten

Das Leben meistern
Heißt Achtung zu haben
Vor allen, auch vor dem zweiten

 

-------


Das Leben meistern
Heißt: Denke und Fühle
Heißt: alt und jung und weise sein  

 

An Anne
Editha Schlucht (2006)
„Lied der Insel“
 
Ein Mann auf den Steinen
liest ´s „Lied der Insel“.
Er fängt an zu weinen,
ist ein trauriger Pinsel.

Er folgt seinen Helden,
ihren geplatzten Träumen.
Ihre verletzten Seelen
gleichen zerhackten Bäumen.

So sitzt er auf Steinen,
ist bekleckert und heult,
lässt fern Sonne scheinen;
auch er ist verbeult.

Er denkt vor sich hin
und hofft – wie im „Lied“ –
es mache doch Sinn,
dass ihm Bessres geschieht.   
  

Richard Norbert Gommern (2006)
Skuriles Liebes-Lied

ich hab in dir meine kleines glück gefunden
drum schenke ich dir blumen - frisch gebunden
ich schau dir in die augen und träume, du bist mein
so könnten alle tage künftig sein ...

ich hör dir zu und lausche deinen worten
und backe mit dir himbeer-erdbeer-torten
ich halte deine hände und glaube, du bist mein
so sollen alle tage traumhaft sein ...

drum nimm mich in den warmen, weichen arm
so hab ich keine zweifel, keinen harm
du küsst mich auf den mund und schon bin ich dein
so wird es alle tage mit uns sein ...

doch liegen wir uns einmal in den haaren
dann wird sofort nach bolliwutt gefahren
wir drehn daraus ´nen film, ja wir werden reich
und kaufen uns ´ne wüste von nem scheich ...

ja ist verprasst der allerletzte gulden
wir sitzen hoch zuberge nur auf schulden
dann lieb ich dich noch immer und weiß, du bist mein
ich will für immer glücklich mit dir sein!
                    

Für Sabine

Richard Norbert Gommern (2007)

Unter bevölkerten Linden

 

Im Schatten dicht, unter den Linden

am Döllnsee konnt´ ich Ruhe finden.

 

Über dem Kopf doch völkerten Bienen

Aus dem Mund wuchs zufriedenes Grienen

 

Ein emsiges Schwirren, ja Rauschen

Bannt mein Selbst zu stetem Lauschen

 

In meinem Arm da liegt Sabin´

Ich fühle, dass ich glücklich bin

Richard Norbert Gommern (2007)

… des prometheus

 

geschmiedet an den kaukasus

hatt´ ich der zeiten all

ich sah der erd´ beim waschsen zu

und lauschte still

der steine hall

 

unten im tale

grünt es und blüht

was die natur hat zu bieten

das getiere zieht

sorglos, gar friedlich

vorbei

an längst verlassenen

hütten

 

mein geschenk an die menschen

das feuer

erlosch vor äonen

in der letzten

verruchten

hand

die spuren der großen vernichter jedoch

vertilgten

wasser, wind und land

 

diese kreatur

der ich einst geholfen

 

- was für ein fehl -

 

unterwarf sich im frevel

die erd´

ich hoffte so sehr

ja ich hoffte so sehr

dass sie niemals nie je wiederkehrt

 

all über all grünt es und blüht

die natur im einklang

mit ew´gen tagen

ich sühnt´ meine schuld

an jenem stein

und brauchte sie erst nicht mehr tragen

 

als barst der harte fels

und es flüsterte

die welt

genug ist der buße getan

du darfst

wieder ein freier

prometheus sein

stets aber

mein

untertan

(in Berlin, nach Wien im Sommerkleide)

Editha Schlucht (2007)

Es

 

Es ist nicht mein Wandern, das die Augen groß macht.

Es ist eine Stadt.

Es ist Krach, der die Ohren zuschwellt; der Krach der pestenden :: tuckernden Motoren, die lärmen in unendlicher Schlange.

Es ist das Gewäsch der Alteingesessenen, der Nachbarn, die täglich ihre Nichtigkeiten zelebrieren, auch wenn ihnen sonst niemand im Hofe zuhört.

Es ist die dürre Kraft der Berührung, die so manche Hausecke schmirgelt und ihr die Schärfe nimmt.

Es ist der Geruch von Kaffee und Tee und Kuchen, von Braten und Pizza und Allerlei, der aus den einlandenden Türen der Kneipen die Wege erfüllt.

Es ist das Knäul aus Straßen, Wegen und wilden Pfaden, aus Plätzen und Schleifen, aus Gassen und Bahnen, die manchem das Ziel seiner Reise schwinden lässt.

Es ist das neue Schöne hier, das erfrischt, wenn man selbst neu ist in der Stadt.

Es sind die grünen Tupfer in Dunkel und Hell an den Steigen, die einmal zu Parken sich fügen und reine Luft in die Lungen wehen.

Es ist das Gewirr aus Sprachen und Habiten, die sich tiegeln und verschmelzen, wenn die sich fremden mit Freude einander nahe sind.

Es sind die Glauben, die sich mit Würde begegnen ohne zu prallen, und zeigen, dass „der Mensch ein Mensch ist“.

Es ist die Umarmung dieser Stadt, ihre Wärme beflügelt, ihr Schoß verzaubert; sie :: lässt meine Füße wandeln.

Es ist diese Stadt, die mich wiegt und zum Bleiben ruft und zu einem Nachbarn macht: mitten in ihrer Mitte.

Es – nein – Das ist meine Stadt; sie will ich 

entdecken -- jeden Tag.

 

Editha Schlucht (2007)

Frühlings- Glut

 

Die Sonne schon langsam

sinkt.

 

Der Wind die grünen Bäume

an ihren Schatten

zerren lässt.

 

In einem davon

liege ich

mit dem Rücken auf Gras.

 

Durch die blattlosen

Stellen der dünnen Zweige

malt sie mir

braune Tupfer

auf die noch helle Haut.

 

Ich schmiege mich

dicht

an den Liebsten mir,

und döse gewärmt,

ja träume,

entrückt des Lärms

der Strandmenschen hier,

diesen glücklichen Film.

 

Ich atme

Lieblichkeit ein:

die

des blauen, flachen Sees.

 

In der Nase nistet

der Wohlgeruch

deiner Haut, du,

Mann meiner Liebe.

 

Fern reckt ein Boot

sein

voll geblähtes Segel

am Mast

den schlafenden Sternen

entgegen.

 

Blinzelnd erkenne ich

dich.

 

Du rückst noch enger an

mich heran.

 

Bauch an Bauch

und Mund an Mund

glühen wir

in einander.

 

Druckversion | Sitemap
© M.Becherer